von Patrick Eichenberger
Die Audax Serie galt für mich als Vorbereitung zu meinem Saisonziel, das Race across America (RAAM). Für meinen Kollegen war sie die Qualifikation für Paris-Brest-Paris (PBP).
Den 200er konnte ich relativ locker fahren. Die Strecke führte mehr oder weniger um den Bodensee. Was bei den «Randonneuren» noch speziell ist dass sehr oft Gravelabschnitte zu fahren sind. Mit den entsprechenden Reifen kein Problem.
Der Start des 600km Rennens erfolgte am Donnerstag um 20 Uhr in Buch (SH). Die Wetterprognosen waren gut. Wir konnten uns auf zwei Vollmondnächte freuen was sich dann temperaturmässig aber eher zum Negativen entwickelte.
Die ersten Kilometer führten durch welliges Gelände im Schwarzwald nach Tuttlingen. Die Beine fühlten sich vorerst perfekt an. Mit dem Einbruch der Nacht fielen die Temperaturen drastisch. So kam uns der erste Checkpoint sehr gelegen. Mit einem warmen Kaffee und einigen Energielieferanten machten wir uns auf den Weg nach Ulm. Das Tempo war recht flott und wir konnten einige Fahrer überholen. Der Checkpoint in Ulm war relativ leicht zu finden was wir von dem in Augsburg nicht sagen konnten.
Langsam wurde es morgen und mit jedem Kilometer etwas heller und ein wenig wärmer. Wie schon angetönt verloren wir in Augsburg ca. 30min für das Suchen des Checkpoints. Wir gönnten uns nun nach knapp 290km eine längere Pause. Die Beine fühlten sich noch gut an, aber mein Knie machte sich wieder mal bemerkbar. Mit den entsprechenden Mitteln konnte ich den Schmerzen entgegenwirken.
Der dichte Nebel am Morgen, die Kälte und die steife Biese machten die Fahrt schon bald zu einer Durchhalteübung. Das Auf und Ab geländemässig und der stetige Gegenwind machte alles auch nicht einfacher. Dazu kam die Lust nach etwas «richtigem» zu Essen.
München war das nächste Ziel. Nach etlichen Stunden erreichten wir den Checkpoint der sich im englischen Garten befand. Als Randbemerkung sei gesagt, dass sich dort das Restaurant «Kleines Hofbräuhaus» befand.
Ich gönnte mir da einen Wurstsalat und einen ausgiebigen Gang auf die Toilette. Nach etwa einer Stunde machten wir uns auf den Rückweg der uns die versprochenen Höhenmeter liefern würde.
Unterdessen war es 21:00 und wir fuhren Richtung Starnberger See. Durch einen Fehler des Navis fuhren wir im Kreis und verloren dadurch ca. eine Stunde. Das drückte extrem auf die schon sehr angespannte Stimmung. Zudem sanken die Temperaturen gegen 0 Grad und langsam machte sich auch die Müdigkeit bemerkbar. Der Weg durchs Allgäu war gespickt mit viel Gravel-Abschnitten und Steigungen bis zu 19 %!
Die Müdigkeit wurde immer unerträglicher. Dies äusserte sich dadurch, dass mein Kollege in die Kontrolle des Bikes verlor und in den Strassengraben fuhr. Ich meinerseits fuhr auf einem Gravelabschnitt in eine Alu-Schranke…ich habe sie schlicht und einfach nicht gesehen. Zum Glück ist bei beiden Vorfällen nichts Gravierendes passiert. Dies bewegte uns dazu in einem Eingang eines Bancomaten resp. einer Bank einen 30 minütigen Powernap zu machen.
In der Morgendämmerung konnte ich endlich auf der rechten Seite das Schloss Neuschwanstein bewundern. Die Freude hielt sich in Grenzen da ich meine Zehen und Finger nicht mehr spürte und ich mich nach wärmenden Sonnenstrahlen sehnte.
Mit jeder Stunde wurde es wärmer und wir kamen dem Ziel immer näher. Circa 60 km vor dem Ziel haben wir uns wieder mal verfahren. Dies hatte dann zur Folge dass aus den 3800 Höhenmetern dann 5600 Höhenmeter wurden. Steigungen von über 15 % nach 600 km fand ich zu diesem Zeitpunkt auch nicht unbedingt angebracht.
Nach noch einem kleinen Umweg auf eine Auto-Schnellstrasse kamen wir endlich an unserem Zielpunkt an.
Fazit: circa 640 km, 5600 hm bei einer reinen Fahrzeit von etwa 32 Stunden (ohne Pausen).
Zudem Erfrierungen im Gesicht, insgesamt vier Zehen und zwei Finger ohne Gefühl. Gemäss Arzt sollte nach einer gewissen Zeit alles wieder gut kommen.
Der mentale Test ist mir gelungen und mein Kollege hat die Qualifikation geschafft. Aber ob ich das ein zweites Mal nochmals machen würde?
Ich gehe jetzt im Juni mit einem guten Gefühl ans RAAM.
Das Fahrer-Team und die Begleitcrew werden alles geben um in Anápolis anzukommen.
Das sind wir uns und unseren Sponsoren schuldig, doch unser Motto auf der ganzen Strecke wird sein:
«Der Weg ist das Ziel»