Der Versuch eines Rückblicks
Tessin statt Toskana – COVID liess es nicht anders zu. Doch wir machten das Beste darauf. Flugs umgebucht, statt Weingut im Hinterland nun also Reka-Anlage in Magadino mit Blick auf den See. Klingt entspannend, bringt aber nochmals die Extraportion Höhenmeter mit sich nach der Ausfahrt. Vermeidungsstrategie per Bus? Fehlanzeige, die nehmen keine Fahrräder mit. Also hoch mit den müden Beinen.
Am Anreisetag wurde erst noch eingekauft, man ist ja nun Selbstversorger und gönnt sich die Spaghetti vom eigenen Herd. Küchenchef Laszlo schwang den Kochlöffel elegant und zauberte an zwei Abenden ein feines Menü zurecht. Doch wir sind noch beim Samstag, nach dem Auspacken wurde kurz die Gegend per Rad erkundet, oder besser gesagt der Verkehr rund um Locarno. Davon hat es genug. Auch die Schlusssteigung wurde erstmalig inspiziert.
Am Sonntag dann erstmals richtig. Laszlo wählte im Homeoffice eine Tour über den Monte Ceneri in Richtung Lugano. Das Wetter spielte mit, die Sonne war dabei, Martin mit Fast-Katastrophe in der Abfahrt aber sensationellen Reflexen, die Mountainbikerin dankt es ihm noch heute, falls sie überhaupt etwas mitbekommen hat. Der Zusammenstoss konnte auf alle Fälle in extremis verhindert werden. Im Gegenwind zogen wir danach weiter gen Süden, Ponte Tresa war das neue Zwischenziel da die Steigung nach Vezio nicht vereins- und übersetzungskonform war. Abgelehnt, weitergemacht. Bei Monteggio gab es ein reichhaltiges Mittagessen in zwielichtigem Umfeld welches nochmals Kraft gab für die Steigung nach Dumenza und den Schlussspurt dem See entlang und über die Grenze. Man geriet zwischenzeitlich auf italienischen Boden, die Guardia di Finanza fand es augenscheinlich wenig lustig dass wir uns dies getrauten.
Am Montag sahen die Wetterprognosen schon weniger rosig aus, der Preesi zog einen Spaziergang dem vorhersehbaren Fussbad vor, der Rest dampfte unverbindlich nach Bellinzona und danach zurück zum Abzweiger ins Verzasca-Tal. Dort machten sich Christian und Thomas auf die Staumauer zu erobern während Michi, Laszlo und Martin einen Glacéhalt bei Locarno verlockender fanden. Die Staumauer war für das Duo das Ende der Fahnenstange da nun der Regen immer stärker wurde und auch das Trio musste die Pläne abändern da einfach kein Wetter für Glacé stattfand.
Der Dienstag ging velotechnisch gleich komplett baden, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Es regnete den ganzen Tag nur einmal dafür aber gleich durchgehend. Somit wurde ein Ruhetag eingelegt, den verbrachte man beim Shopping im Outlet und beim regulären Lebensmitteleinkauf.
Am Mittwoch dann endlich Angriff. Dachten alle. Via Centovalli sollte es nach Domodossola gehen. Im Nachgang eine suboptimale Idee aber soweit sollte es gar nicht kommen. Bald nach dem Grenzübergang spannte sich ein grosses Gitter über die Strasse, wegen Bauarbeiten gesperrt über Mittag. Also zurück und einen Kaffee getrunken bis die Barriere wieder aufging. Bei Wiederaufnahme bellte plötzlich unser Häuptling mit seinem ausgeliehenen Toprad: Plattfuss hinten, und das trotz tubeless!!!!! Wie geht denn so was? Die Telefone liefen heiss, Marcel vom befreundeten Giant Gellert-Racing Team war der Besitzer des Stuhls und gab Tipps aber der Defekt war zu gross, keine Chance zur Reparatur. Den Preesi haben wir kurzfristig und mit vielen Pump-Stopps zurück an den letzten Bahnhof verfrachtet und in die Centovalli-Bahn gestopft. Der Rest der Truppe zeigte sich kollegial und knallte das Tal zurück nach Locarno. Da suchte sich Rolf dann einen fähigen Mechaniker welcher das Rad wieder flott bekam. Der Tag war jedoch gebraucht.
Donnerstags dann also trocken und mit wenig Anlauf in die Königsetape, es ging das Maggiatal hinauf mit dem Ziel Bosco Gurin. Einfach so, aus Spass an der Freude. Erst gab es aber nochmals Kaffee in Cevio, die bedienende Servicefachangestellte musste erstmal leer schlucken als sie uns sah, zog sie doch vor vielen Jahren von Birsfelden aus ins Tessin. Heimatgefühle kamen hoch. Und trotzdem hielt man am Plan fest die Steigung in Angriff zu nehmen. 16 Kilometer sollten es gemäss den diversen Apps sein mit zahlreichen Höhenmetern. Wir nahmen jeden Meter einzeln. Gegen oben wurde es frischer, doch schwitzen mussten wir trotzdem. Kurz vor Cerentino dann der Schnitt, Rolf und Laszlo hatten genug und kehrten um zurück nach Cevio. Das restliche Quartett wollte noch weiter, Michi soweit das Knie ihn trug, bei Martin war es eine Lustfrage und bei Christian und Thomas ging es wahrscheinlich einfach ums Prinzip. Michi hörte dann kurz nach der Ziegengruppe auf, da fehlten vielleicht noch drei Kilometer, das verbliebene Trio zog durch und ergötzte sich beim Ortsschild der üppigen Aussicht, der prachtvollen Natur und der spektakulären architektonischen Erzeugnisse. Erst da fühlten sich die drei erfüllt, Mission abgeschlossen. Mit Regenjacke gings in die Schussfahrt den gleichen Weg zurück und gesellte sich zum Rest ins Kaffee. Danach dann mit Schwung wieder das Tal retour und nach rund 110 Kilometern fertig.
Zum Schluss gabs am Freitag die altbekannte Runde via Centovalli (diesmal besser getimt bezüglich Streckensperrung), hoch bis Malesco und danach die lange Abfahrt hinunter nach Cannobio. Auch da wieder dem See entlang retour, ausnahmsweise mal mit Rückenwind. In Ascona wurde nochmals Limonade getankt um ein letztes Mal den Schlussaufstieg bewältigen zu können.
Danach war Schluss mit Radfahren, trotz Wetterkapriolen kamen schöne, happige, knackige und bereichernde Kilometer zusammen. Kulinarisch wurden wir von Laszlo oder den Grotti (Mehrzahl von Grotto?) und Ristoranti am Lago verwöhnt. Es hiess der eine oder andere habe sogar zugenommen.
Und das Wichtigste ganz zum Ende: mit Michael konnte nach dieser Woche ein Neumitglied gewonnen werden! Wir heissen ihn herzlich willkommen im VMC Birsfelden und sind überzeugt dass er hervorragend zu uns passen wird.